Lukas Sünder
Berg der Statistiken
Inspirierende Vorlage für dieses Projekt ist der Berg der Kreuze, ein Wallfahrtsort in Nordlitauen, den der Künstler vor ein paar Jahren besuchte. Dieser beeindruckende Ort besteht aus einem Hügel auf dem seit über hundert Jahren Pilger Kruzifixe und Kreuze verschiedenster Größen und Materialien aufstellen.
Angelehnt an diesen Ort, entsteht in Erzhausen der Berg der Statistiken. Spätestens seit der Corona-Pandemie, aber auch schon davor, lösen visualisierte Prognosen und Erhebungen fanatische Besessenheit in der Bevölkerung aus. Diese stehen der Betrachtung von Ikonen und Schaureliquien in nichts nach. Tagtäglich werden sie zu mahnenden oder frohlockenden Zwecken aus dem Reliquienschrank geholt. Die Corona-Fallzahlen, Inzidenzen, Arbeitslosenstatistiken, Impffortschritte, Börsenereignisse, Sterberaten, Vergleiche, Popularitäten, Gewinner, Verlierer, Kurven, Balken, Visionen, Interpretationen. Sie werden von allen gesellschaftlichen und politischen Lagern genutzt um für die eigne Agenda zu werben. Sie eignen sich um Tatsachen zu untermauern oder Respekt und Angst zu schüren oder Hoffnung zu verbreiten. Grafiken die uns befriedigen, wenn sich ihre Gestalt so darstellt wie wir es uns wünschen.
Formen aus denen jeder seine eigenen Schlüsse zieht. Dabei ist das Kreuz, ein Koordinatensystem, das konstante Gestaltungselement. Der Künstler arbeitet sich bereits seit Jahren an diesem Themenkomplex ab. Deshalb lädt er die Bewohner von Erzhausen und die Besucher der Biennale ein, diese Erhebungen in einem Ritual zu würdigen. Der Künstler stellt Holzstatistiken als Devotionalien zur Verfügung. Dazu gibt es DIY-Kits um individuelle Statistik-Kreuze zu gestalten. Auf der höchsten Erhebung in Erzhausen werden die Kreuze zusammengetragen und die persönlichen Wünsche und Erwartungen an das Diagramm kommuniziert. Die Bedürfnisse können von globaler oder lokaler Relevanz sein. Erzhausen wird so zum Ort an dem der Eifer nach Statistik eine angebrachte Würdigung erfährt und wo Menschen sich von dieser Last befreien können.
Lukas Sünder (*1989) studierte Performative Künste in sozialen Feldern an der Fachhochschule Frankfurt und Visuelle Kommunikation an der Hochschule für Gestaltung Offenbach am Main.
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